Wildkauf ist Vertrauenssache

Wildexperte Severin Wejbora
Wildexperte Severin Wejbora

Heimisches Wild, direkt vom Jäger Ihres Vertrauens bietet alle Vorzüge für eine Qualitätsbewusste Küche. Welches Wildbret gerade Saison hat und welches Stück Fleisch sich für welche Gerichte und Zubereitung eignet, darüber sprachen wir ausführlich mit Severin Wejbora, TheCulinarian-Wildexperte und Leiter der Landesjagdschule Bayern in Wunsiedel.

 

TheCulinarian: Herr Wejbora, woran erkennt man eigentlich gutes und gesundes Wild-Fleisch?

 

 

Severin Wejbora: Die Qualität von Wildfleisch und Wildgeflügel kann vom Endverbraucher anhand von Geruch und Farbe überprüft werden. Im Normalfall erhält dieser vom Jäger oder Wildbret Händler kein Stück Wild in der Decke (Fell) oder im Federkleid, sondern Einzelteile gekühlt oder gefrostet. In jedem Fall gilt als Qualitätskriterium, dass das Wildprodukt sauber vakuumverpackt ist und nicht durch Verunreinigungen wie Haare, Darminhalt, etc. kontaminiert ist.

 

Die Farbe des Fleisches ist artbedingt entweder hell- oder dunkelrot. Fasan und Wildkaninchen zeichnet ein helles Fleisch aus, Schalenwild wie beispielsweise Rehwild, Rotwild, Schwarzwild, aber auch Niederwild (Kleinwild) wie der Feldhase, oder beim Geflügel die Wildente, besitzen dunkles Fleisch. Sollten hier grünliche oder bläuliche Verfärbungen vorkommen, bzw. das Fleisch beim Angreifen schmierig erscheinen, ist es unbrauchbar.

 

Des Weiteren hat Wildfleisch einen arttypischen Geruch, der nicht verfälscht sein darf. Gründe hierfür können schlechte Schüsse bzw. nicht sauberes Aufbrechen (Ausweiden), Verhitzen (stickige Reifung), mangelnde Hygiene durch zu wenig Auswaschen mit kaltem Trinkwasser oder schlechte Kühlung des Wildes sein.

 

Großwild muss unmittelbar nach dem Aufbrechen auf eine Kerntemperatur von ca. + 6-7°C und Kleinwild auf + 3-4°C gekühlt werden. Somit ist eine gleichzeitige Kühlung von Groß- und Kleinwild in einer Kühlzelle nicht möglich. Bei jeglichem Großwild muss das Wildbret in gekühltem Zustand einem Reifeprozess unterzogen werden, der beim Federwild entfällt.

 

Diese Reifung auch „Säuerung“ genannt, dauert je nach Größe des Stückes ca. 3-5 Tage und macht das Fleisch zart. Entscheidend ist hierfür, dass das Wild stressfrei erlegt wurde, da hohe Glykogenreserven in der Muskulatur die wichtigste Voraussetzung für eine optimale Reifung des Fleisches darstellen. 

TheCulinarian: Was ist generell zu empfehlen – fettarm oder durchwachsen?

Severin Wejbora:  Generell ist Wild nur bedingt in der Lage, Fettreserven im Fleisch anzureichern. Hier liegt der Grund dafür, dass Wild grundsätzlich als fett- aber auch cholesterinarm gewertet werden kann. Diese Tatsache kommt dem Zeitgeist unserer ernährungsbewussten Gesellschaft durchaus entgegen. Deshalb soll bei der Weiterverarbeitung zu Veredelungsprodukten wie Wildwürsten auch ca. 30% Hausschwein mit dazu gegeben werden, da die Würste sonst zu trocken werden und schlecht binden. Eine Ausnahme stellt das Schwarzwild dar. Hier sind Nacken und Rippenbereich leicht von Weiß (Fett, Feist) durchzogen. Dieses Fleisch eignet sich mariniert besonders im Sommer gut zum Grillen. Wildbret vom Schwarzwild sollte allerdings nur im gut durchgebratenen Zustand verzehrt werden, wobei alles übrige Großwild durchaus auch medium auf den Teller kommen darf. Die optimale Bratenzeit soll so gewählt werden, dass das Fleisch noch saftig ist, da es sonst, wie auch beim Rind oder Hausschwein, austrocknet und an Geschmack verliert. 

       

TheCulinarian: Worauf sollte der Gastronom und Koch beim Wildkauf besonders achten?

 

Severin Wejbora:  Grundsätzlich sollte der Gastronom oder Koch nur dort Wildbret kaufen, wo er sich hygienisch und geschmacklich wohl fühlt. Ob direkt vom Jäger oder im Handel, Sauberkeit gilt als oberstes Gebot! In Deutschland wird Wildfleisch zu Tiefstpreisen aus Neuseeland angeboten. Dort werden die Tiere zu hunderttausenden als Farmwild gezüchtet und das Fleisch als Spaltprodukt ins Ausland exportiert. Für den umweltbewussten Endverbraucher sollte es deshalb oberstes Gebot sein, regionales Wildbret zu kaufen. Ansprechpartner sind hier die Kreisjägerschaften und Jägervereine, die immer sehr gerne darüber Auskunft geben, wo Wildfleisch auch in Kleinmengen erworben werden kann. Generell gilt, dass Wildfleisch im frischen Zustand geschmacklich am besten ist. Da Wildtiere gewissen Schon- und Jagdzeiten unterliegen, kann deshalb nicht ganzjährig jedes Wildbret frisch angeboten werden. Hier kann sich der Gastronom oder Koch mit dem Jäger seines Vertrauens absprechen und evtl. auch Vorbestellungen in Auftrag geben. Bei bundesweit stetig steigenden Abschusszahlen, vor allem beim Schwarzwild, sind hier junge Stücke ohne saisonale Begrenzung ganzjährig lieferbar. Aber auch bei allem anderen Wild gilt vornehmlich, dass junge Stücke aufgrund der Zartheit des Fleisches kulinarisch den älteren vorzuziehen sind. Ältere Stücke hingegen eignen sich hervorragend zur Weiterverarbeitung, wie beispielsweise zu Hartwürsten.

 

TheCulinarian: Kann man gutes Fleisch bedenkenlos auch im Internet kaufen?

 

Severin Wejbora:  Da ich für eine persönliche Basis des Vertrauens zwischen Verkäufer und Kunden plädiere, habe ich mit Internetverkauf von Wildfleisch so gut wie keine Erfahrung! Ich weiß wohl, dass diese Möglichkeiten in den letzten Jahren entstanden sind und hier vor allem Ballungsräume erschlossen werden sollen. Die Kunden haben dort oft nicht die Möglichkeit, an frisches Wildbret zu gelangen und sind somit auf diesen Weg angewiesen. Hier sind die städtischen Jäger gefordert, ihr Wildbret entweder selbst oder über Metzgereien oder Bioläden anzubieten. Dies schafft Vertrauen und bietet Qualität für den Verbraucher! Wildbret hat den Ruf, nur an Weihnachten auf den Tisch zu kommen, ist aber mittlerweile auch preislich in der Lage, als Alltagsgericht zu konkurrieren. Ich bin der Meinung, dass sich Wildfleisch mit den genannten Qualitätskriterien eigentlich das Gütesiegel „Superbio“ verdient hätte!

 

 

TheCulinarian: Herr Wejbora, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!