Modern interpretiert, harmonisch kombiniert

BEW trifft Sternekoch Thomas Schanz* vom Schanz Restaurant

Thomas Schanz ©Schanz Restaurant
Thomas Schanz ©Schanz Restaurant

In Piesport an der Mosel verwöhnte Thomas Schanz vom Schanz Restaurant TheCulinarian-Redakteurin Beate E. Wimmer kulinarisch und stand ihr anschließend Rede und Antwort.

 

TheCulinarian - Beate E. Wimmer: Herr Schanz, ich habe während meines Aufenthaltes an der Mosel festgestellt, dass sich auch kulinarisch einiges getan hat. Die Küche ist jung, frisch, modern und dynamisch.

 

Thomas Schanz: Das sehe ich genau so, es tut sich sehr viel in unserer Region und ich bin überzeugt, wir sind auf dem richtigen Weg. Ich komme von hier und es ist schön, nach meinen Lehr- und Wanderjahren wieder zu Hause angekommen zu sein. Wir von der Mosel werden auch im Weinbau immer besser, das sehen Sie ja auch an der Klasse der Weine und ich bin überzeugt, man wird künftig noch viel von uns hören.

 

TC-BEW: Was ist passiert? Wer waren die Initiatoren, wer spielt da eine bedeutende Rolle?

 

TS: In den 80er Jahren wurde an der Mosel Fassware zu fairen Preisen gehandelt, doch als in den 90er Jahren der Preis runter ging, reagierten die Winzer vermehrt mit einer Qualitätssteigerung und vor allem mit Selbstvermarktung. Das spiegelt sich in der Außendarstellung der Region wieder. Viele junge Leute sind genau wie ich hinaus gegangen und haben bei guten Winzern viel gelernt und sind mit diesem Wissen und Können wieder zurück gekommen und treiben jetzt die Entwicklung der Region unheimlich voran.

 

TC-BEW: Der Wein wird im Keller gemacht und die Gerichte entstehen in der Regel im Kopf. Was machen Sie anders als andere, was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal ?


TS: Schwere Frage, was mache ich anders? Ich koche das, was mir selbst am besten schmeckt und lasse mir nicht diktieren, das ich hier der Regionalste sein muss und am Ende muss es für mich immer etwas ganz Besonderes sein. Ich denke es ist sehr wichtig das man sich nicht verbiegen lässt.

Ansonsten traue ich mich natürlich schon etwas. Die jüngere Generation der Köche fühlt sich nicht abhängig von den Dogmen, dass man das eine so machen muss und das andere so. Meine Ausbildung habe ich von richtig guten Köchen erhalten. Auf dieser Basis baue ich mit meinen Ideen meinen eigenen Spannungsbogen auf. Nicht kopieren, sondern einen eigenen Stil entwickeln ist für mich das spannende an meinem Beruf.

 

TC-BEW: Billy Wagner in Berlin mit seinem Lokal Nobelhart und Schmutzig ist radikal anders – nimmt kein Salz oder Pfeffer und ist brutal regional, saisonal. Bestimmt bei Ihnen die Natur, was auf die Karte kommt oder nutzen Sie den ganzen Planeten ohne Einschränkung ?


TS: Die Natur bestimmt das auf jeden Fall. Viele Zutaten hole ich in der Saison aus der Region. Aber ich will das nicht übertreiben, die besten regionalen Produkte habe ich allesamt auf der Karte. Dazu gehören auch die Weine – dafür sind wir bekannt. Deshalb – das Regionale habe ich schon, aber wenn ich einen tollen Steinbutt bekommen kann und den mit heimischem Gemüse kombiniere, eine Soße die eher karibisch inspiriert ist dazu reiche, wenn das im Ergebnis harmoniert, habe ich mein Ziel erreicht. Sie gehen doch sicher in den Supermarkt und kaufen bewusster ein als früher, aber auch worauf Sie Lust haben. Wenn ich so sehr eingeschränkt bin, was bringe ich dann zum Beispiel im Winter auf den Teller? Nur Eingemachtes – das hat keinen Reiz für die Gäste. Dafür fahren sie nicht Kilometerweit zu mir, denn das können sie auch zu Hause haben.

 

TC-BEW:  Welchen Stellenwert hat der Einkauf in Ihrer Planung und Warenwirtschaft ?


TS: Ich verwerte so ziemlich alles. Ich bin einer der wenigen selbständigen Sterneköche, daher muss ich zwangsläufig gut kalkulieren und überlegt kochen, sprich, nur das Beste auf den Teller bringen. Ich setzte z.B. meine Soßen und Fonts immer selber an. Somit werden Fleischabschnitte, Parüren und Gemüse optimal verwertet. Es ist heutzutage nicht mehr vertretbar blind in großen Mengen ein-zukaufen und dann alle 3 Tage die Reste wegzuwerfen. Das würde mir auch von meiner Per-sönlichkeit her keine Freude machen. Mir ist es wichtig, gezielt nur das einzukaufen was ich wirklich brauche !

 

TC-BEW: Weniger ist mehr, oder braucht jedes Produkt Schmuck und Deko? Ihr Dessert beispielsweise war ein Kunstwerk mit Schmuck und Deko.


TS: Das sollte meine Küche auch sein – schließlich isst das Auge bekanntlich mit – dennoch muss alles auf dem Teller einen Sinn haben. Aromen sind für mich auch Schmuck. Zum Beispiel Steinbutt mit Kresse – ein aromenreiches Gericht – mit der floralen Note eines regionalen Sauvignon Blanc ergänzen sich gut. Wenn Sie in meine Karte sehen, werden Sie feststellen, dass ich mit meinen Gerichten immer eine Geschichte erzähle. Zum Beispiel Seezunge mit Paella-Aromen – es muss ja für meine Gäste ein Erlebnis sein, sie sollen in jedem Gang etwas Neues entdecken.


TC-BEW: Welche Rolle spielt für Sie die kreative Weiterentwicklung ?


TS: Eine sehr große – das hat viel mit Freude an der Arbeit zu tun, denn dann ist Weiterentwicklung ein Selbstläufer. Wenn ich z.B. an einem neuen Gericht arbeite habe ich immer den Anspruch etwas zu verbessern. Ich entwickle kein Gericht, das dem letzten nachsteht und will mich immer steigern, dabei denke ich gar nicht ständig an Sterne. Es macht mich glücklich wenn ich sehe, dass es funktioniert.

 

TC-BEW: Ihre Kreationen sind faszinierende Arrangements – und nicht zufällig auf den Teller gegeben. Wenn Sie etwas Neues schaffen, wie lange braucht es bis es so ist, dass Sie es auf die Karte nehmen ?


TS: Das ist sehr unterschiedlich und von der Idee abhängig. Ich bin ein Kopfschmecker und habe schon im Vorfeld eine feste Vorstellung wie es werden könnte. Manchmal probiere ich etwas aus und sage "Das ist es!" oder "Das hast Du Dir reizvoller vorgestellt. Da fehlt was." Dann frage ich mich schon mal "Macht es Sinn dran zu bleiben oder verwerfe ich das ganze Gericht?" Wenn es aber doch soviel Klasse hat, dass ich sage, da fehlt doch nur ein Quäntchen, ein Kick, vielleicht ein Gewürz, dann gehe ich auf die Suche, schaue was ich habe und experimentiere.

 

TC-BEW: Sind Sie dabei alleine oder im Team ?


TS: Ich probiere viel aus und gebe die Richtung vor, aber wir arbeiten im Team. Das ist wichtig. Ich arbeite mit einem sehr motivierten, jungen Team talentierter, wissbegieriger Köche die auch noch lernen wollen. Wichtig ist mir, dass mein Team meine Philosophie lebt und sich entsprechend einbringt.

 

TC-BEW: Woher nehmen Sie Ihre kreativen Ideen ?


TS: Da ich mich den ganzen Tag mit Essen auseinandersetze und viel probiere, erweitert das natürlich auch meinen Horizont und meine Sensorik wird feinfühliger. Ich schmecke viel mehr heraus und kann in meinen Kombinationen mutiger sein. Das alles baut aufeinander auf. Das ist wie beim Journalismus – je mehr man schreibt, umso besser wird man.

 

TC-BEW: Wie entstehen bei Ihnen neue Gerichte und spielt Zeit dabei eine Rolle ?


TS: Manchmal gehe ich auf den Großmarkt und sehe etwas, was ich nicht kenne oder noch nie eingesetzt habe, dann probiere ich das einfach aus. So habe ich kürzlich in einem besseren Supermarkt frischen Kurkuma gefunden. Jetzt bin ich gespannt, wie ich den verarbeiten kann, ob ich den blanchiere, zu einem Fleisch gebe oder ob das Ganze zu heftig ist. So entwickelt sich meine Küche.

 

TC-BEW: Sind Sie der Feingeist im Küchenatelier oder der Handwerker ?


TS: Ach, das sollen lieber die Anderen beurteilen (und lacht). Gerne bin ich der Geist, aber ich bin schon voll dabei (lacht wieder) denn ich koche meinen Posten selber.

 

TC-BEW: Dann ist das Ihre Handschrift, die wir heute auf dem Teller haben ?


TS: Ja.

 

TC-BEW: Wie groß ist Ihr Küchen-Team ?


TS: Immer zwischen 5 - 6 Mitarbeiter.

 

TC-BEW: Gibt es unkreative Wochen und wenn ja, wie überbrücken Sie die ?


TS: Ich habe Tage, da bin ich unglaublich kreativ und könnte 3 – 4 Gerichte entwickeln. Mir reicht die Zeit gar nicht zum Ausprobieren, da es mir unheimlich leicht von der Hand geht. Es sind nie Wochen sondern höchstens Momente, wenn überhaupt. Das heißt aber nicht, dass wir dann schlecht kochen.

 

TC-BEW: Herr Schanz, was darf ein guter Wein kosten ?


TS: Das ist Geschmackssache und liegt immer im Auge des Betrachters. Es gibt tolle Weine, gerade auch hier an der Mosel, die sind weit unter 10 € angesiedelt und großartig. Deswegen würde ich nicht sagen, ein guter Wein muss 15 € und mehr kosten.

 

TC-BEW: Und wie sieht es für Sie, Ihr Haus und Ihren Anspruch aus ?


TS: Ich will das wirklich nicht am Preis festmachen. Ich suche tolle Weine die perfekt zu meinen Gerichten passen und die Ihre Wertigkeit haben.

 

TC-BEW: Wie suchen Sie dann die Weine für Ihr Restaurant aus ?


TS: Wir probieren zuerst die Weine im Team mit unserem Sommelier. Jeder darf seinen Senf dazu geben und wir überlegen uns, ob der Wein zu uns passt und wir ihn auf die Karte nehmen. Komplexer wird es wenn wir zu einem Gang den korrespondierenden Wein suchen. Der richtige Wein umschmeichelt und hebt ein Gericht, der Falsche kann das Gegenteil bewirken und das Gericht unharmonisch wirken lassen.

 

TC-BEW: Meine letzte Frage Herr Schanz, was wünschen Sie sich für die Zukunft ?


TS: Das Übliche – Gesundheit, Erfolg, Glück und natürlich immer gute Ideen.

 

TC-BEW: Herr Schanz, vielen Dank für die kulinarisch wertvollen Stunden.

"Kaninchen Eintopf" mit Rücken, Niere und Leber, jungem Wurzelgemüse und Liebstöckel ©Schanz Restaurant
"Kaninchen Eintopf" mit Rücken, Niere und Leber, jungem Wurzelgemüse und Liebstöckel ©Schanz Restaurant
"Il Tardivo" Mandarine mit griechischem Joghurt und Mandarinen-Salbei -Sorbet ©Schanz Restaurant
"Il Tardivo" Mandarine mit griechischem Joghurt und Mandarinen-Salbei -Sorbet ©Schanz Restaurant
Königskrabbe in ihrem Gelee mit einer Liaison von Mais, Joghurt und schwarzer Hohannisbeere ©Schanz Restaurant
Königskrabbe in ihrem Gelee mit einer Liaison von Mais, Joghurt und schwarzer Hohannisbeere ©Schanz Restaurant
Suprême vom Rhabarber mit gebackenem Kokosparfait, Joghurtmeringe und Champagner-Buttereis  ©Schanz Restaurant
Suprême vom Rhabarber mit gebackenem Kokosparfait, Joghurtmeringe und Champagner-Buttereis  ©Schanz Restaurant
Feines von der Strauchtomate und Tartar von Rinderfilet mit Gartengurken-Sorbet ©Schanz Restaurant
Feines von der Strauchtomate und Tartar von Rinderfilet mit Gartengurken-Sorbet ©Schanz Restaurant